Dirk(-Uwe) Becker - Haiku
Das Haiku besteht aus siebzehn Silben, die im Metrum 5/7/5 Silben über drei Zeilen aufgeteilt sind. Dabei ist der Hinweis auf eine Jahreszeit wesentlich, wobei nicht ausdrücklich Frühling oder Herbst benannt werden müssen.
Die erste Zeile soll den Eindruck des Augenblicks vermitteln, welcher in der zweiten Zeile des Gedichtes nachempfinden werden kann. Die dritte Zeile hingegen soll über das Naturerlebnis hinaus in
eine andere Sinnebene deuten.
Aus dem Haiku heraus hat sich das Senryû entwickelt, ebenfalls ein Dreizeiler, der nach den selben Regeln wie oben beim Haiku geschrieben wird. Vom Haiku unterscheidet sich diese Gedichtform erstens dadurch, dass der für ein Haiku unerlässliche Hinweis auf eine Jahreszeit fehlt und dass zweitens das geschilderte Geschehen nicht auf ein Naturerlebnis beschränkt bleibt, sondern alle gesellschaftlichen Probleme berühren kann.
Hier einige Beispiele von mir:
ein tropfen im fall
zu silbernem eis erstarrt
mondlicht im spiegel
den himmel erden
aus baumwipfeln fallen
in wolken landen
dein herz fliegt mir zu
ich hebe den stock zum schlag
sonnenuntergang
gehen werde ich
wenn schnee fällt von den bäumen
und knospen brechen
tau beperltes netz
in tagesfrühe gehängt
flattert im herbstwind
silberscheibe mond
in samt'ger nachtschatulle
mein hochzeitsgeschenk
wolkenbänder wehn
dir den frühling ins gesicht
augen blühen blau
zwei papierschiffe
mit nachrichten von gestern
auf dem weg zu dir
kindergelächter
schwimmt durch den regenbogen
alles ist im fluss
W ohin führt dein weg
O hne ein wort, abschiedslos
L iegst du fern von mir
K ibitze fliegen
E ngeln gleich über das feld
N amenloses kreuz