Ellen Balsewitsch-Oldach - Texte

Madrigal

Kurzkrimi

Heute habe ich sie umgebracht. Seine Sekretärin. Das platinblonde Luder mit der Marilyn-Monroe-Welle über der rechten Augenbraue. Sie war zu Hause - hatte Urlaub.

Hässlich, wie ein Genick knackt, wenn es bricht... bloß nicht dran denken - in den Jiu-Jitsu-Stunden bleibt das Theorie.

Martin glaubt wirklich, ich hätte nicht gemerkt, wie oft sein Auto in letzter Zeit vor dem Haus mit ihrem Appartement geparkt war. Wahrscheinlich bezahlt er die Miete. Wie hätte sie sich eine Wohnung in unserer Gegend sonst leisten können? Dumm von ihm - dafür ist sie jetzt auch tot.

Wie schlaff sie plötzlich war... mir wird übel. Am liebsten würde ich zu Marianne nach nebenan gehen, ein bisschen belangloses Zeug reden. Aber seit die ihre Meditationsgruppe hat, ist sie sowieso nur noch selten zu Haus, oder macht die Tür nicht auf, weil sie stundenlang versunken auf einem Kissen sitzt und diese Musik hört, die sie jetzt ständig vor sich hin pfeift - wie ein Madrigal, aber doch ganz eigentümlich anders - man muss die Melodie wohl sehr oft hören, bevor man sie behält - oder sogar selber singen kann.

Aber wo bleibt Martin? Er müsste schon längst hier sein, wo doch sein Schäferstündchen heute ausfällt, ha, ha. Da, sein Wagen - jetzt der Schlüssel in der Haustür. Gleich kommt er herein, leichenblass und verstört... aber was ist das? Er pfeift - selbstvergessen und zufrieden! Kein Mensch pfeift, wenn er gerade die Leiche seiner Geliebten... oh, Gott... WAS PFEIFT ER DA? Es klingt ... wie ein Madrigal - nur ganz eigentümlich anders...

 

Senryu

 

dein wortgeflatter

umgaukelt schillernd mein ohr

ein schlag bringt wahrheit

 

wie klebrig dein netz
deine beute nur hülsen
flügelschlag freiheit

 

Morgenhimmelblau
verstreichen stunden im flug
zu nachtschwarzer angst

 

 

und noch einer ...